Die überarbeitete und erweiterte Diplomarbeit von Hartmut Rübner zeigt die Vielfältigkeit des deutschen Anarchosyndikalismus in der Weimarer Zeit. Anschaulich und spannend berichtet er über eine Bewegung, die fast vergessen ist und von HistorikerInnen gerne übersehen wird. In ihrer Hochzeit 1921 hatte die Freie Arbeiter-Union Deutschland (FAUD), in der ich viele Anarchistinnen und Sympathisantlnnen trafen, 150.000 Mitglieder. Doch auch die Strömungen, die der FAUD kritisch gegenüberstanden, sowie Auseinandersetzungen zur konkurrierenden KPD, werden im Buch beleuchtet.
Düsseldorf war eine Hochburg der Anarchistinnen. Hier entstand von 1921 bis 1923 „Die Schöpfung", die einzige anarchistische Tageszeitung (von Aug. bis Dez. 321, danach Wochenzeitung) Deutschlands. Die FAUD versuchte den Spagat zwischen Gewerkschafts- und Kulturbewegung. So gab es auch SängerInnen- und ArbeiterInnensportvereine etc. Neben den Industrie- und Seeleutevereinigungen lag (der) Schwerpunkt auf Frauenbünden, deren erste Konferenz 1921 in Düsseldorf stattfand. Deren Gleichberechtigungsforderungen waren auch in anarchistischen Kreisen nicht unumstritten. Des weiteren wurde gegen den §218 angegangen. freie Schulen eingerichtet, die herrschende Sexualnorm in Frage gestellt und noch vieles mehr.
Eine vielbeachtete Aktion war die Inbesitzname von Land und Hausbau als „Produktive Genossenschaft Freie Erde e.V." im Eller Forst. Nach anfänglichen heftigen Auseinandersetzungen mit Polizei und Forstverwaltung, bekam sie von der Stadt einen Pachtvertrag. 1931 fanden sich mehrere Tausend Besucherinnen in Düsseldorf ein, die eine Veranstaltung zum Thema „Nationalismus" besuchten. Doch auf den Terror des Faschismus waren auch die Anarchistinnen nur ungenügend vorbereitet. Das Buch endet mit der Machtübernahme, was auch das (vorläufige) Ende dieser vielschichtigen Bewegung war.
Dieses umfangreiche Buch gibt einen hervorragenden Einblick in die Welt des Anarchismus. Der kritisch distanzierte Blick, der sich wohltuend von den Jubelbüchern abhebt, macht es äußerst lesenswert. So wird auch versucht, die vielschichtigen Gründe für den rasanten Mitgliederschwund der FAUD mit 1932 gerade mal über 4.300 Mitgliedern, nachzugehen, ohne allerdings in ideologische Tiefe zu gehen, was auch nicht Thema ist. Dafür gibt es eine umfangreiche Literaturliste. Ergänzt wird das Ganze durch Fotomaterial, ein Personen-, Orts- und Zeitschriftenregister. Wer also einmal in eine oft unbekannte Welt eintauchen will, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.