DadA-Periodika, Dok.-Nr.: DA-P0002123
| Neue Wege |
Untertitel: Beiträge zu Christentum und Gesellschaft; Organ der Religiös-Sozialistischen Vereinigung der Deutschschweiz
Herausgeber: Vereinigung Freunde der Neuen Wege
Redaktion: R. Lichtenhan, L. Ragaz u. B. Hartmann
Körperschaften: Vereinigung Freunde der Neuen Wege
Ort: Basel; Zürisch
Land: Schweiz
Sprache: deutsch
Erscheinungszeitraum: Jg.1 (1906/07) -
Erscheinungsweise: monatlich 1-2 Bogen (1907)
Preis: 4,- Fr/Jahr (1907)
Rubriken: Religöse Probleme, Historisches, Kirchliches, Pädagogisches, Soziales, Politisches und Zeitereignisse, Gedichte, Umschau u.a. (Rubriken in den Jares-Inhaltsverzeichnissen)
Bemerkungen: Unter der redaktionellen Verantwortung von Leonhard Ragaz (1869 - 1945) und Jean Daniel Matthieu (1874 - 1921) wurde zumindest in den 10er und 20er Jahren ein religöser Anarchismus vertreten. Ragaz schreibt in seiner posthum erschienen Autobiographie: "Was ... den Anarchismus betrifft, habe ich ihm bald abgesagt, soweit er Partei, Dogma und Sekte war und ist. Aber als Prinzip bildete er einen Bestandteil meines Denkens und ganzen Wesens, der später nur immer stärker und immer mehr zu einer fundamentalen Leidenschaft geworden ist." (nach Reuter: "Heiliger Anarchismus", S.93) Allerdings führt nach Auffassun von Ragaz weder die politische Bewegung des Kommunismus noch des Anarchismus zum Ziel einer herrschaftsfreien Gesellschaft sondern "das Reich Gottes bringt die vollkommene Freiheit und Bruderschaft der Kinder Gottes, worin nicht nur Krieg und Militär und rohe Vergewaltigung, sondern auch Recht, Gesetz und Staat untergehen". (nach Reuter: "Heiliger Anarchismus", S.95) Ebenso zielt Matthieus Anarchismus nicht nur auf einen Umsturz der Herrschaftsverhältnisse mit den Mitteln der "direkten Aktion", sonder ist kulturrevolutionär dimensioniert.
Beiträge zum Anarchismus bzw. mit anarchistischen Tendenzen sind u.a.:
- Ragaz: Vom Recht und Unrecht des Kapitalismus (Mai 1907, H.6, S.129-142). Ragaz erkennt in diesem Artikel durchaus auch positive Seiten des Kapitalismus. Allerdings schätzt er ein, dass wir "nichtmehr den echten und reinen Kapitalismus vor uns" haben. Das Prinzip des Kapitalismus ist aber: "Macht euch die Erde unterthan". Dem stellt Ragaz nach dem neuen Bund entgegen: "Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, litte aber Schaden an seiner Seele?" und "Dienet einander" (also das Prinzip der Solidarität).
- J. Matthieu: Der Marxismus und die gegenwärtige Krise des Sozialismus (Jan. 1908, H.1, S.8-17 u. 33-41)
- G. M. Sch.: Sozialdemokratie, Anarchismus und Krieg (Jg.9, 1915, S.230-236) In diesem Aufsatz verwahrt sich ein Anarchist gegen den Vorwurf, angesichts des Krieges versagt zu haben. Er bekennt sich zunächst letztlich zum Scheitern, aber nicht so wie das Christentum und die Sozialdemokratie. Das Christentum "erkennt Krieg als berechtigt an, ihre Prister segnen Fahnen, Mordinstrumente und Mörder..." und die "Sozialdemokratie ist nie entschieden antimilitaristisch gewesen...". "Die Anarchisten haben versagt, nicht weil sie von ihren Idealen zu Gunsten des Nationalismus etwas abgehandelt hätten, sondern weil sie ihre Wege nicht ernst nahmen, weil die Mittel, die 'Taktik' der Idee konträr gegenüber standen, weil also ihre Mittel und Wege zum Ziel keine innere Wahrhaftigkeit besaßen."
- Mehrere Beiträge zum Genossenschaftsgedanken auch von Ragaz im Jahrgang 1916
- Beiträge zu kommunistischen Siedlungen und Zivieldienst im Jahrgang 1922
- Ragaz: Der Faschismus (Jahrgang 1926, S.73 ff.) Kritik an Mussolini wegen antidemokratischer Einstellung.
- Ragaz: Sacco und Vanzetti (Jahrgang 1927, S.424 ff.)
Standort: in zahlreichen Bibl.
ZDB-Ident.: 506149
Literaturhinweise: Reuter, Hans-Richard: "Heiliger Anarchismus": Zur Rezeption anarchistischer Motive im 'religiösen Sozialismus' bei Leonhard Ragaz. - In: Anarchismus. Zur Geschichte und Idee der herrschaftsfreien Gesellschft. Hrsg. Hans Diefenbacher. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1996. S.85-104
Publikationsform: Zeitschrift
Libertärer Bezug: anarchistische Tendenzen
Bearbeitungsstand: 14.07.2001
(c) Projekt DadA, Libertad Verlag Berlin, Köln & Potsdam 2001
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