Die aktuelle DadA-Buchempfehlung
Nr. 2 (Neuerscheinungen)

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Buchcover BurazerovicManfred Burazerovic
Max Nettlau
Der lange Weg zur Freiheit

[Inauguraldissertation im Oktober 1995 an der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universtät Bochum unter dem Titel: Max Nettlau (1865-1944). Chronist und Kritiker der anarchistischen Bewegung.] Berlin: OPPO-Verlag, 1996; 216 Seiten, DM 48,00, ISBN 3­926880­10­4
 

Als Max Nettlau (1865­1944) in Amsterdam starb, trieb die durch die Nazis ausgelöste Katastrophe des Zweiten Weltkriegs ihrem Höhepunkt zu. Trotz aller Verzweiflung und scheinbaren Aussichtslosigkeit blieb der Chronist der anarchistischen Bewegung bis zu seinem Tod ein unerschütterlicher Optimist, was die Entwicklungsmöglichkeiten der Menschen angeht.

Zu Nettlaus Lebzeiten hatte sich der Anarchismus vor allem in Frankreich und Spanien zu einer Massenbewegung entwickelt, die heute fast unvorstellbare Zielsetzungen ins Bewußtsein der öffentlichen Meinung brachte: Keine Hierarchien und keine Chefs dürfe es geben, nur die Vernunft solle eine natürliche Ordnung im Einklang mit der Natur schaffen.

Ein großes Problem des Anarchismus war und ist die Abgrenzung zum Marxismus, dem großen sozialistischen Bruder. Während ein Teil der Anarchisten die Gemeinsamkeiten betonte, ließen andere kein gutes Haar an den "Autoritäten" Der libertäre Sozialismus unterscheidet sich vom Marxismus nicht nur dadurch, daß Weg und Ziel eine Einheit bilden sollen. Für Max Nettlau war der Sozialismus eine umfassende evolutionäre Idee, die nur mit kleinen Schritten zu erreichen ist und die nicht allein nur wirtschaftliche Gerechtigkeit anstrebt, sondern das Denken der Menschen auf eine gänzlich andere Grundlage stellt.

Max Nettlau ging es nicht nur darum, schon mehrfach formulierte Zielsetzungen wie Freiheit, Gerechtigkeit und materielle Gleichheit noch einmal neu zu formulieren und zu debattieren. Nettlau wollte die Grundlagen für jede Veränderung, das (Selbst­)Bewußtsein der Menschen, den Spaß am Leben, stärken.

Massenbewegungen, die meist zum reinen Selbstzweck degenerieren, aber die Bankkonten der Funktionäre wachsen lassen, hat Nettlau bekämpft. Wirkliche Solidarität braucht selbstbewußte und verantwortungsvoll handelnde Menschen. Nettlau konnte keine Patentrezepte anbieten und wollte auch kein Regelwerk erstellen. Die Frage, wie komme ich zum Sozialismus, müsse sich jeder Mensch alleine stellen. Dafür braucht er Hinweise, Anregungen ­ mehr nicht.

Manfred Burazerovic hat den Anfang gemacht und Nettlaus umfangreichen Nachlaß mit den Memoirentexten ausgewertet, mit deren Hilfe man der Denkweise dieses geselligen Einzelgängers näher kommt. Sein Buch informiert über das Werk des Historikers und sein Leben in der anarchistischen Bewegung, berichtet aber vor allem über das Besondere, das Abseitige eines Menschen, der trotz allen Realismus nie seine Hoffnung aufgab.

Inhaltsverzeichnis / Vorwort

erhältlich im: OPPO­VERLAG; Postfach 508; D­10565 Berlin 



Jochen Knoblauch und Peter Peterson (Hrsg.)
Ich hab' mein Sach' auf nichts gestellt
Texte zur Aktualität von Max Stirner

Berlin: Karin Kramer Verlag, 1996, 144 Seiten, DM 24,00, ISBN 3-87956-212-1

"Max Stirner (1806­1856, d. i. Johann Caspar Schmidt) gilt bis jetzt immer noch als der radikalste Philosoph, dementsprechend wird er geliebt, gehaßt, verleumdet oder einfach ignoriert. Im Oktober 1994 jährte sich zum 150. Mal das Erscheinen seines Hauptwerkes "Der Einzige und sein Eigentum". Während parallel dazu der 150. Geburtstag des "Wertezerstörers" Friedrich Nietzsche groß gefeiert wurde, der weit hinter der Zerstörungskraft eines Max Stirners zurückblieb, ist der Umgang mit Max Stirner ­ zumindest in Deutschland ­ weitgehend mit (Berührungs­) Angst besetzt.

Obwohl allein in Deutschland sein Hauptwerk rund 200.000 mal verkauft worden ist ­ somit wohl zum meistverkauften libertären Buch gezählt werden muß ­, gilt er immer noch als "Geheimtip".

Erstmals liegt mit diesem Band eine Hommage an den "Einzigen" vor, die sich ­ nicht unkritisch ­ mit Stirner als Denker auseinandersetzt. Besonders in Zeiten wie den unseren, wo Altruismus zum staatlichen Heiligtum erhoben wird, Individualismus sich als Werbegag erweist, ist es nötiger denn je, den Stirnerschen Egoismus zu diskutieren. Auch hinsichtlich der Erkenntnis, daß uns die großen Revolutionen letztendlich nicht viel weitergebracht haben, wäre die "Empörung" Stirners ­ also: jede Veränderung fängt bei mir an ­ eine diskutierbare Alternative." (Rückentext)
 

Inhalt: Max Stirner: Ich hab' Mein' Sach' auf Nichts gestellt // Markus Henning: Max Stirners Egoismus / Werner Petschko: Ich und Stirner / Alfred Schaefer: Max Stirner heute / George Woodcock: Max Stirners "egoistischer" Anarchismus / Gerhard Senft: Ökonomie und Herrschaft / Herbert Scheit: Max Stirners "Egoismus" ­ Eine Philosophie der "Gedankenlosigkeit" / Stephan Krall: Max Stirner und Ich / Ibrahim Türkdogan: Eine Analyse des Sartreschen Existentialismus in: "Der Ekel" und andere Schriften aus der Sicht des Stirnerschen Denkens / Uwe Timm: Max Stirner ­ Ein Ärgernis? // Über die Autoren

erhältlich in jeder besseren Buchhandlung


H. J. Degen (Hrsg.)
Voraussetzungen des Anarchismus

Berlin: Oppo-Verlag, 1997, 115 Seiten, 16,80 DM, ISBN 3-926880-09-0

VORBEMERKUNG

Der Anarchismus, Syndikalismus, Freiheitlicher Sozialismus usw. war immer "Bewegungsideologie". Grundsätzlich stand/steht dieser Intention jegliche Festschreibung, Dogmatisierung entgegen. Nicht immer ist das selbstverständlich. Ein Indiz dafür ist eine weitverbreitete Ikonisierung libertärer "Klassiker".

Kaum einer dieser "Klassiker" war aber unfähig, sich selbst, die eigenen theoretischen Positionen zu revidieren. Und geradezu beispielhaft sind die Revidierungen, die die theoretisch maßgeblichen libertären Sozialisten der 20er und 30er Jahre an ihren Vorstellungen vorgenommen haben.

Die vorliegenden Texte sollen einen kleinen Einblick in die libertär­"revisionistische" Diskussion (hauptsächlich die der unmittelbaren) der Nachkriegszeit geben. Diese Diskussion soll der Vergessenheit entrissen werden. Sie kann aber keinerlei Ersatz sein für eine heutige, zeitbezogene, notwendige Aktualisierung libertärer Theorie. Eher Anregungen.

"Voraussetzungen des Anarchismus" klingt apodiktisch. Soll aber hier nur stehen für: Voraussetzung für die Weiterentwicklung libertärer Theorie ist, daß alle Ansatzpunkte für die Neu­ und Fortorientierung libertärer Theorie und Praxis aufgegriffen werden müssen, ohne diese auch nur ansatzweise zu verabsolutieren. (. . .)

Inhalt: Rudolf Rocker: Revolutionsmythologie und revolutionäre Wirklichkeit / Diego Abad des Santillán: Schiffbruch der Arbeiterbewegung / Heinrich Bergmann: Revision der Ideen und Kampfweisen des freiheitlichen Sozialismus / Fritz Linow: Der freiheitliche Sozialismus und die Aufgaben einer sozialistischen Bewegung / José Garcia Pradas: Der neue Klassenkampf / Diego Abad de Santillán: Für eine konstruktive Arbeiterbewegung / Augustin Souchy: Der Freiheitliche Sozialismus im Lichte der modernen Entwicklung / Jose Garcia Pradas: Neue sozialistische Wege / Helmut Rüdiger: Zur Kritik des Syndikalismus / Heinrich Drewes: Konstruktiver Sozialismus ­ Gebot der Stunde / Erich Gerlach: Thesen über die Bedeutung des Syndikalismus für die heutige Arbeiterbewegung / Fritz Linow: Ist der Sozialismus utopistisch?

erhältlich im: OPPO­VERLAG; Postfach 508; D­10565 Berlin 


Uwe Timm
Was ist eigentlich Faschismus?

Bern und Berlin/Neu Wulmstorf: Edition Anares und Espero, 1997; 61 Seiten, DM 10,00, ISBN 3-905052-63-6

INHALT: Einleitung / 1. Faschismus und Nationalsozialismus: 1.1. Der Faschismus; 1.2. Der Nationalsozialismus; 1.2.1. Das Profil des Nationalsozialismus; 1.2.1.1. Grundzüge der "Weltanschauung"; 1.2.1.2. Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspraxis des Nationalsozialismus ; 1.2.2. Historischer Exkurs: "Mit der Armut ins Dritte Reich" Worauf beruhten die Erfolge des Nationalsozialismus?; 1.2.2.1. Der Weg Deutschlands zu Hitler (1919-1933);1.2.2.2. " Machtergreifung " und Machtkonsolidierung ; 1.2.2.3. "Der aufhaltsame Aufstieg des A. H." - Eine Wertung / 2. Die Linke und der Faschismus: 2.1. Streiflichter von der linken "Faschismus-Front"; 2.2. Gemeinsame Wesenszüge der konkurrierenden autoritär-kollektivistischen Ideologien; 2.3. Exkurs: Die "Bourgeoisie" - der "Teufel" in der kommunistischen "Religion"; 2.3.1. Begriffsbestimmung; 2.3.2. Die "Teufelsaustreibung" in Sowjetrußland und die Folgen / 3. Schlußbetrachtung

Einleitung

Der Begriff "Faschismus" wird von manchen Linken mit Vorliebe dann verwendet, wenn sie ihre eigenen Positionen nicht kritisch vertreten können, sie erreichen wollen, daß weltanschaulich oder politisch Andersdenkende "kaltgestellt" und mundtot gemacht werden und jede Diskussion um eine eigene Glaubwürdigkeit unterdrückt wird. Dieser Ausdruck ist, so kann man sagen, in linken Kreisen in des Wortes wahrster Bedeutung zum "Schlagwort" (wenn nicht "Totschlagwort") par excellence geworden, wie sich an Hand vieler Beispiele belegen läßt. Bedenken gegenüber einer derartigen Praxis äußerte der Journalist Axel Eggebrecht: "Vom Faschismus wird ständig gesprochen und geschrieben. Kaum ein Tag, an dem wir das Wort nicht hören oder lesen ... Nun ist ja Sprachschluderei überall eingerissen; aber hier ist sie nicht nur ärgerlich, sondern gefährlich.... Schlimm wird es, wenn übereifrige Linke die ganze Bundesrepublik als faschistisch schelten; oder 'faschistoid', was, nebenbei gesagt, ein scheinbar dämpfendes, tatsächlich abgefeimtes Wort ist."

Marxisten, die ihre eigenen autoritären Ziele, Bestrebungen und Diktaturen zu vertuschen oder zu rechtfertigen suchten, interpretierten den Faschismus als einen pauschalen Gesamtbegriff rein funktionalistisch, d.h. als Organisationsform der Bourgeoisie und des Kapitalismus.

In dieser oberflächlichen Definition wurde auch die Sozialdemokratie als "Sozialfaschismus" eingeordnet, ebenso diente besonders den Stalinisten die Worthülse "Faschismus" als beliebte Keule gegen Andersdenkende.

Daß sich der Gesamtbegriff "Faschismus" gar nicht undifferenziert verwenden läßt, eine Analyse der unterschiedlichen nationalen Bestrebungen unerläßlich ist, wird insbesondere von den Marxisten/Kommunisten ignoriert. Dafür haben sie allerdings gute Gründe (aus ihrer Sicht). Nur: ein gewissenhafter Umgang mit der Sprache, der Anwendung von Worten und Begriffen wird so nicht gewährleistet.

Im Dritten Reich bestimmte die NS-Diktatur den Kurs, nicht der Kapitalismus. Eine terminologische Vermengung dieser beiden Phänomene ist von daher nicht opportun; wenn also Linke die kapitalistische BRD als "faschistisch" bezeichnen, so kann man diesem Staat ja manches vorwerfen, aber er ist nicht im Sinne des Faschismus faschistisch und auch nicht nationalsozialistisch.

Dieser Aufsatz soll ein Beitrag sein, die herrschende Begriffsverwirrung klären zu helfen.

erhältlich in jeder besseren Buchhandlung oder direkt beim Verlag: Edition Anares. Rathausgasse 28, CH-3000 Bern 8; Espero, Uwe Timm, Wulmstorfer Moor 34b, 21629 Neu Wulmstorf


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© Projekt: DadA; Zuletzt aktualisiert am 28. Mai 1997; Web-Development : info@dadaweb.de